Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?
Meine Hauptaufgabe ist auf der einen Seite die Sicherung des Umsatzwachstums, und auf der anderen Seite die Unterstützung des globalen Kunden in der Erreichung seiner eigenen Business Ziele. Dies erfordert die strategische Ausrichtung und den Zusammenhalt unseres internationalen Teams, sowie unserer strategisch wichtigen Partner, als auch der regelmäßige Connect mit dem Top Management des Kunden.
Mit welchem Klischee würden Sie gern aufräumen?
Das Klischee der verbissenen, extrem hart wirkenden Frau ist in meinen Augen überholt. Frauen in der Tech-Branche sind nicht besonders und ausschließlich tough und vereinen alle stereotypischen männlichen Attribute in sich. Ich bin davon überzeugt, dass wir als Frauen in der Tech-Branche genauso freundlich und empathisch wie hart und zielorientiert sein können, wie jede andere Person auch. Um erfolgreich zu sein, müssen wir aber nicht den Männern nacheifern oder zu typischen männlichen Attributen wie Härte und Ellbogenmentalität greifen.
Warum haben Sie sich für diesen Beruf entschieden?
Zum Vertrieb kam ich über einen Umweg: Als Werkstudentin war ich bei Siemens in der Personalabteilung, die u.a. die Einstellung von Vertriebler:innen verantwortet hat. Mein damaliger Chef kam aus dem Bereich und berichtete mir von seinen Erfahrungen dort. Ich fand den Bereich spannend, aber war mir nicht sicher, ob es die richtige Wahl für mich ist. Mein Chef hingehen war sich sicher, dass das nichts für mich ist, weil man sich dort richtig durchbeißen müsse und rund um die Uhr arbeite. Mit diesem Gespräch hat er meinen Ehrgeiz geweckt und kurze Zeit später bin ich in den Vertrieb gewechselt und dort seitdem geblieben. Frauen sind im Vertrieb definitiv deutlich in der Unterzahl, obwohl einige eher weiblichere Eigenschaften hier von Vorteil sind. In Verhandlungen kommt es schon einmal vor, dass Alphatier auf Alphatier trifft, was die Situation oft schwierig macht. Als Frau kann ich Dinge oftmals ansprechen, ohne dass sich mein Gegenüber angegriffen fühlt. Ich habe zudem kein Problem damit mein Gegenüber um Rat zu fragen, was mir oft Türen für weitere spannende und gewinnbringende Gespräche öffnet.
Was möchten Sie Frauen, die überlegen in einen technischen Beruf einzusteigen, gern sagen?
Wenn man etwas interessant findet und es ausprobieren möchte, sollte man ins kalte Wasser springen und einfach machen. Hätte ich z.B. auf meinen Chef gehört, wäre ich nicht in den Vertrieb gewechselt, der Bereich, in dem ich mittlerweile über 20 Jahre gerne arbeite. Man kann die Erfahrungen anderer Personen nicht auf sich übertragen. Jedes Erlebnis ist einzigartig, so wie die Umstände einzigartig sind. Letztlich gibt es viele Faktoren, die eine Situation beeinflussen, wie z.B. mein Team, der Chef oder die Chefin, Kund:innen, die Organisation, das Land, in dem ich arbeite, mein Background usw. Diese Faktoren sind bei allen von uns unterschiedlich – warum sollen wir also schauen, wie es bei anderen gelaufen ist? Ich rate allen unvoreingenommen in neue Situationen zu gehen, um authentisch auf Herausforderungen reagieren zu können. Denkt man zu viel nach und tauscht sich mit anderen aus, ist man voreingenommen und reagiert entsprechend. Ich habe das Gefühl, dass Männer über viele Dinge nicht so intensiv nachdenken wie Frauen, sondern selbstbewusster für ihre Interessen einstehen. Auf meinem beruflichen Weg hat es mir geholfen für meine Interessen einzustehen und mir einen eigenen Blick zu erarbeiten. Natürlich kann ein Erfahrungsaustausch auch wertvoll sein, aber ich habe mich nie zu sehr an dem orientiert, was andere Personen sagen.
Das Interview führten Christina Ress und Angelika Leis.